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07.11.2024:
Universität Mannheim: Fünf Mannheimer Professor*innen aus unterschiedlichen Disziplinen beziehen Stellung zum Wahlsieg Donald Trumps.
Universität Mannheim:
Prof. Dr. Philipp Gassert
Professur für Zeitgeschichte
Amerika rückt noch weiter nach rechts. Lüge, Rassismus und Sexismus haben gewonnen.
Das müsste uns in Europa eine Lehre sein, denn nun geht der ganz normale Wahnsinn
einer zweiten Amtszeit Trump wieder los. Er hat die Wahlen mit einer Deutlichkeit
gewonnen, die Anhänger*innen wie Feinde überrascht. Es war nicht der erwartete
„Münzwurf“, die endlose Hängepartie von 2020. Auch im Senat und im Repräsentantenhaus
geht die Mehrheit an die Republikaner. Der Oberste Gerichtshof ist ohnehin schon seiner.
Er wird sich mächtig und unangreifbar fühlen, die Grenzen der fast 250 Jahre alten
Verfassung austesten, das Gleichwicht weiter zur Exekutive verschieben.
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Harris und die Demokrat*innen haben es in einer Phase ökonomischer Umbrüche und
Krisen nicht geschafft, Amerika davon zu überzeugen, dass der 47. Präsident dem Land
mehr schadet als nutzt. Ob die Trump ein „goldenes Zeitalter“ für Amerika einläuten
wird, steht in den Sternen, die er mit Elon Musk erobern will. Für Europa wird es eine
düstere Zeit. Trump zeigt uns deutlich, was die Menschen bewegt und dass sie die
Wirtschaft über kulturelle Achtsamkeit, Gewaltfreiheit und Inklusion stellen. Deutsche
und die Europäer*innen haben keinen ordentlichen Plan, wie sie Sicherheit und Wohlstand
in einem postamerikanischen Zeitalter gewährleisten sollen. Die Zeichen stehen auf Sturm,
aber haben wir den Knall nun endlich gehört?
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Prof. Dr. Eckhard Janeba
Professur für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik
Die erneute Wahl von Donald Trump wird große wirtschaftliche und sicherheitspolitische
Auswirkungen auf Deutschland und die Welt haben. In seinem Wahlkampf hat er angekündigt,
die Zölle auf ausländische Importe massiv anzuheben. Dies wird zum einen die Preise in den
USA weiter erhöhen, wie sich am Beispiel der von Trump in seiner ersten Präsidentschaft
eingeführten Zölle (2018) klar nachweisen lässt. Zum anderen wird damit die deutsche
Exportwirtschaft noch mehr unter Druck gesetzt und das Wachstum Deutschlands beeinträchtigen.
Es rächt sich, dass die EU und USA vor einigen Jahren kein Freihandelsabkommen (TTIP)
geschlossen haben.
Die vermutlich sinkende amerikanische Unterstützung für die Ukraine wird Deutschland zudem
zwingen, mehr in die eigene Verteidigungsfähigkeit zu investieren und damit die
Haushaltsproblematik der kommenden Jahre verschärfen. Europa könnte zudem in den Wettkampf
zwischen den USA und China um die Weltvorherrschaft hineingezogen werden. Trumps Aufkündigung
des Atomabkommens mit dem Iran 2018 zeigt wie: Die USA haben de facto andere Staaten vom
Handel mit dem Iran durch extraterritoriale Sanktionen ausgeschlossen. Zu befürchten ist,
dass Deutschland weniger Gestaltungsmöglichkeiten bekommt, seine Beziehungen zu China selbst
zu steuern.
Prof. Dr. Marc Ratkovic
Professur für Social Data Science
Amerika hat sich entschieden von liberaler Demokratie, Menschenrechten und den Grundvorstellungen
von Wissenschaft und Rationalität Abstand zu nehmen. Wahrscheinlich nähert sich das Land nun
außenpolitisch Putin und Orban und innenpolitisch seinen intolerantesten Gruppen an. Ungehemmte
exekutive Maßnahmen werden folgen. Einwander*innen werden zusammengetrieben, in Lagern
untergebracht und deportiert werden, politische Gegner*innen verfolgt, Journalist*innen
angegriffen, Universitäten nicht mehr finanziert. Die Ukraine wird keine Hilfe mehr erhalten,
und das Engagement der USA in der NATO wird nur noch aus Eigennutzen fortgeführt. So viel ist
bekannt, denn all das hat Trump in seinem Wahlkampf versprochen.
Der radikale Charakter dieses Wandels ins unverkennbar. Amerika hat seine Identität aus der
Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg abgelegt und eine Politik, die – wenn auch unvollkommen –
nach Fairness und Gleichheit strebte, gegen eine Politik eingetauscht, die sich nichts anderes
als Dominanz zu eigen macht. Es ist kein Land mehr, das man bewundern, dem man folgen oder
welches man überhaupt beachten sollte. Die anerkannten Maßstäbe der Politikwissenschaft zeigen
eindeutig: Die Republikanische Partei muss als eine atomar bewaffnete Fidesz oder AfD betrachtet
werden und nicht als die Partei von Reagan oder Bush, die man von früher kennt.
Ich als US-Amerikaner beschwöre meine Wahlheimat Deutschland: Gehen Sie bei den Menschenrechten
und der Demokratie voran, folgen Sie nicht. Machen Sie sich nicht über diejenigen lustig, die
unausgegorene "Ressentiments" benutzen, um die Zerstörung eines humanen, funktionierenden
Systems zu rechtfertigen. Machen Sie den Einwanderern Komplimente, schätzen Sie die Deutsche
Bahn, achten Sie auf Ihre Work-Life-Balance. Seien Sie aktiv, im Großen wie im Kleinen.
Kämpfen Sie für den Erhalt dieses freundlichen, anständigen Landes.
Prof. Dr. Max Reinwald
Juniorprofessur für Management
Kamala Harris' Wahlniederlage wirft ein Schlaglicht auf ein bekanntes Phänomen, das in der
Organisationsforschung als „gläserne Klippe“ bekannt ist. Das Konzept der gläsernen Klippe
besagt, dass Frauen vor allem dann in Führungspositionen berufen werden, wenn eine
Organisation in der Krise steckt. Die Konsequenz dieser schwierigeren Startbedingungen ist,
dass Frauen, die auf diesem Wege in Führungspositionen kommen, auch eine höhere
Wahrscheinlichkeit haben zu scheitern.
Harris wurde im Sommer zur Präsidentschaftskandidatin, als die Demokratische Partei in
Umfragen klar abgeschlagen hinter Trumps Republikanern lag, und verlor nun die
Präsidentschaftswahl. Anhand ihres Beispiels lässt sich nun nicht nur das Phänomen der
gläsernen Klippe, sondern auch dessen Konsequenzen exemplarisch beleuchten. Ihr Fall
illustriert zum einen das hohe Risiko des Scheiterns auf der gläsernen Klippe. Zudem dürfte
die Fehlersuche nun auch bekannten Mustern folgen: Die Ursachen für das Scheitern dürften
primär ihrer Person, also ihrem Auftreten und ihren strategischen Entscheidungen,
zugeschrieben werden, während die schwierige Ausgangslage bei ihrem Antritt als
Präsidentschaftskandidatin kaum mehr eine Rolle spielt. All dies wäre nur halb so tragisch,
wenn es nicht weiterhin das bereits bestehende Vorurteil manifestieren würde, dass Frauen
die schlechteren Führungskräfte sind – ein Vorurteil, das sich empirisch so nicht bestätigt.
Prof. Dr. Stefanie Schäfer
Professur für amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft
Die US-Wahl 2024 bringt einen überraschenden und klaren Sieg Donald Trumps, der den
Endpunkt eines dramatischen und spektakulären Wahlkampfs markiert. Es gab einen
Kandidat*innenwechsel, ein Attentat und einen Attentatsversuch, es ging um Hunde und
Katzen und zahlreiche Prominente riefen ihre Fans zum Urnengang auf.
Beide Kandidat*innen beriefen sich in ihren Kampagnen auf die kulturelle Erzählung vom
exzeptionellen Amerika, das wieder großartig werden müsse (Trump) beziehungsweise nicht
in eine rückständige Vergangenheit zurückfallen dürfe (Harris). Dabei ist es der
demokratischen Kandidatin Kamala Harris nicht gelungen, genügend Wähler*innen von ihrem
Programm zu überzeugen und die Erfolge der Biden-Regierung ins Feld zu führen, wohingegen
Donald Trump sich als Retter mit wenig konkreten Vorstellungen („a concept of a plan“),
aber mit massiver Unterstützung des Silicon Valley positionieren konnte. Eine friedliche
Amtsübergabe („peaceful transition of power“) haben die Demokraten zugesagt. Nun wird zu
sehen sein, ob es Trump gelingt, nach einem gewaltverherrlichenden und sexistischen
Wahlkampf die US-amerikanischen Gesellschaft in einem versprochenen „goldenem Zeitalter“
zu versöhnen.
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